Dienstag, 3. November 2009

Urwald...

Lang lang ist es her, ich weiß - die letzten Wochen waren sehr stressig und die nächsten werden es leider auch sein. Vor einigen Wochen waren ein paar Freunde und ich unterwegs, um den wilden Urwald im Amazonas-Einzugsgebiet zu erkunden. Leider ist der Urwald dort gar nicht mehr so wild, sehr viel wurde dort von den "Petroleros", aber auch von anderen verantwortungslosen Personen zerstört, d.h. es gibt dort kaum noch Primär- aber viel Sekundärwald. Wir sind spontan an einem Freitag morgen mit dem Bus nach Tena gefahren, was, obwohl es in km gesehen gar nicht so weit weg ist, mit dem Bus schon gute 6-7 Stunden in Anspruch nimmt. In Tena haben wir uns dann ein Hostal für nen kleinen $ gesucht, bei einer Agentur eine Dschungeltour für die nächsten 2 Tage gebucht, ne Pizza im "Hilton" gegessen (was lustigerweise sogar das Original-Logo, aber mit Sicherheit nichts mit dem Original zu tun hatte), und uns in der Abenddämmerung Tena angeschaut, was außer einer kleinen Promenade, einer relativ pompösen Universität und einem tropisch-schwülen Klima nicht viel zu bieten hat, und sind relativ zeitig schlafen gegangen.
Bild: Wellblech-Hütten in Tena
Am nächsten morgen ging es früh los, mit einer Camioneta (=Pickup) gings in ca. einer Stunde vorbei an einigen ärmlichen Behausungen und der Baustelle für den neuen Flughafen von Tena zum Río Napo.
Wäschewaschen im Fluss...
Von dort gings dann weiter mit einem motorisierten Einbaum/Kajak vorbei an goldschürfenden Kindern zu unserer Unterkunft für diese Nacht, der Sinchi-Sacha Lodge mitten im Urwald. Es stimmt einen schon sehr nachdenklich, wenn man sieht, wie Kinder von 8.,vielleicht auch 10 oder 12 Jahren tagein, tagaus im Fluss stehen, um Gold für die westliche Schmuckindustrie zu schürfen...
Im Einbaum über den Napo...
...vorbei an goldschürfenden Kindern

unser Transportmittel
Kaum dort angekommen, ging es auch schon weiter im Programm. Nachdem wir unsere Siebensachen abgeladen hatten gings wieder in den Einbaum und den Río Napo herunter. Über einige kleinere Nebenflüsse gelangten wir dann zu einem Museum, wo die Lebensweise der heimischen Naturvölker sehr anschaulich dargestellt wurde, z.B. verschiedene Jagdtechniken. Natürlich durften wir auch selber mal versuchen, mit Pfeil und Blasrohr einen an den Baum genagelten Balsaholz-Papagei zu erlegen, wobei wir aber ziemlich kläglich gescheitert sind. Unser Führer war ebenfalls gebürtiger Quichua-Indianer und verfügte über ein ungeheures Wissen über die Pflanzen- und Tierwelt. So haben wir z.B. gelernt, wie man aus einer Frucht und einem Ast eine herrliche Kriegsbemalung improvisieren kann, mit welchen Lianen man halluzinogene Schamanengetränke brauen kann, welche Ameisen man essen kann (es gibt welche, die schmecken nach Zitrone, ich habs selbst probiert...), dass die dort vorkommende Bambusart trinkbares Wasser im Stamm speichert, wie man sich an einer Liane schwingt (das macht richtig Spaß!), mit welchen Pflanzen man Gifte bzw. Drogen bzw. Medikamente herstellt... Einfach beachtlich. Und Kakao haben wir auch selber gemacht, que rico!
Farbenproduktion ganz einfach: Frucht pflücken, aufmachen, mit Ast die Samen zerdrücken...
...und fertig ist die Kriegsbemalung.
Wir haben an diesem Tag dann noch eine Tierauffang/Auswilderungsstation besucht, wo die von der Polizei bzw. vom Zoll beschlagnahmten Tiere auf die Auswilderung vorbereitet werden. Leider eine ganze Menge... Angefangen von Schildkröten über biberähnliche Nager hin zu Papageien, Tukanen, Affen, Anakondas und Ozelote... Leider gehören gerade die Tukane und Papageien zu den am stärksten bedrohten Tierarten in der Region, es ist so gut wie unmöglich, dort noch freilebende Aras oder Tukane zu sehen.
Traurige Blicke in der Auffang-Station...
Tukan in der Tierstation
kleinste Affenart Ecuadors
ja, Kaimane gibts hier auch...
Suchbild: was hat sich da oben versteckt?
bei so viel Touristen geh ich lieber auf Tauchstation...
Abends gabs dann eine Nachtwanderung in den Dschungel, das ist echt eine Erfahrung, sag ich euch... Zum einen herrscht eine ganz eigene Geräuschkulisse vor, man kann fast schon sagen, Lärm, zum andern "stolpert" man quasi jeden Meter über seltsame Insekten oder Kleingetier...
Abendstimmung in der Lodge
Danach in der Nacht gab es dann noch ein echtes Schamanenritual, wo man sich die bösen Geister austreiben lassen konnte. Wirklich sehr merkwürdig, aber auch beeindruckend. Ich hab mich danach schon etwas komisch gefühlt. Ich hoff mal, dass es geholfen hat...


Zwischen den Wurzeln der größten Baumart Ecuadors...
Am nächsten Morgen gab es dann noch eine Wanderung im Hellen in den Dschungel, bei weitem nicht so beängstigend, aber nicht weniger interessant als die Nachtwanderung. einfach grün, oder wie der Wissenschaftler sagen würde: Chlorophyll...
Zum Schluss durften wir noch "Tubing" machen, d.h. man lässt sich in einem aufgeblasenen Autoreifen durch die Stromschnellen vom Río Napo treiben. Ein schöner Ausklang für einen sehr beeindruckenden Ausflug.

Jetzt gibts auch noch eine kurze Erklärung wie man Schokolade macht: Zuerst braucht man natürlich die Frucht. Und die sieht so aus:
Offen sieht sie nicht wirklich appetitlich aus. Aber man kann das weiße Fruchtfleisch von den Kernen ablutschen, schmeckt etwas eigen, etwas süßlich, aber sehr lecker. Und gar nicht nach Schokolade.
Die Kerne müssen geröstet werden, und danach "gepellt", d.h. von der Schale befreit werden.
Mit einer Mühle werden die geschälten Kerne zerkleinert und danach mit Wasser und ggf. etwas Milch aufgekocht.
Zum Schluß siehts dann so aus. Echt lecker, diese selbstgemachte Schokolade. Nach dieser kulinarischen Stärkung können wir uns nun auch genüßlich auf das "Gruselkabinett" der schönsten Kleingetier-Fotos stürzen...
Suchbild: Was hat sich da versteckt? Und wo ist es?
Blattschneiderameisen-Strasse
eine der unzähligen verschiedenen Spinnen-Arten
giftig oder nicht, das ist jetzt die Frage...
komische fliegende Insekten
andere Spinnenart
Conga-Ameise: größte Ameisenart Ecuadors. Ein Biß kann bis zu zwei Wochen dauernde Lähmungen hervorrufen...
zwischendurch mal ein paar Käfer...
und eine große Grille
mal wieder eine sehr symphatisch ausschauende Spinne
und ihr große Bruder...
Heuschrecken gibts wirklich wie Sand am Meer...
und bunte Fliegen auch.
Und zum Schluss: ein laufender Ast.

Falls ich Zeit hab, folgt in ein paar Tagen noch ein Bericht zu meinen letzten Bergsteig-Aktivitäten. Und natürlich gibts auch einen musikalischen Leckerbissen: "Fruta Fresca" vom Kolumbianer Carlos Vives. Viel Spaß damit.

Mittwoch, 12. August 2009

mal wieder ein Lebenszeichen

Hallo liebe Leute.

Nun hab ich mich schon über einen Monat nicht bei euch gemeldet und das hatte seine guten Gründe. Ich war auf der Arbeit ziemlich eingespannt, bin umgezogen (die neue Wohnung hat leider kein Internet), der Roman war aus Peru zu Besuch da und ich hatte nebenbei auch noch einen Unfall beim Bergsteigen, der mir einen Aufenthalt in der Notaufnahme beschert hat - aber dazu später mehr. Ich versuche mal meine vergangenen Erlebnisse thematisch etwas zu ordnen, da es chronologisch nicht ganz so viel Sinn macht. Zuerst kommen die Berge dran, ich war ja fleißig und hab einige Wochenenden darauf "verschwendet", einige Gipfel zu meistern. Wenn ich das richtig sehe, hab ich euch das letzte Mal vom Taita Imbabura berichtet. Danach sind noch einige mehr dazugekommen: der Illiniza Norte (5116m, mein erster 5000er), der Sincholagua (4920m, hallo Notaufnahme), der Carhuairazo (5018m, mit Gletscher und Schneesturm) und nochmal der Rucu Pichincha (4700m). Auf dem Sincholagua bin ich kurz unterhalb des Gipfels in einen Steinschlag gekommen, der mir eine Platzwunde überm rechten Auge, einen Aufenthalt in der Notaufnahme, 8 Stiche und eine Rechnung von ca. 80$ beschert hat (alle weiteren Berge hab ich ausschließlich mit Helm bezwungen). Die Wunde ist mittlerweile super verheilt, ein Hoch auf den Doktor im Hospital de los Valles. Der Carihuairazo war der bei weitem anstrengenste, obwohl er 100 Höhenmeter weniger hat als der Illiniza Norte, dafür aber Gletscher, d.h. man muss in Seilschaft in voller Ausrüstung gehen, mit Steigeisen, Eispickel, usw. Auf dem Rückweg sind wir in einen Scheesturm mit Eisregen und Hagel gekommen, das war echt übel, und 3 oder 4 von den 7 Seilschaften haben sich beim Abstieg verirrt, weil die Sicht teilweise unter 2m lag. Das Problem bei so einem Wetter ist, dass diese dichten Wolken und Schneefälle auch den GPS-Empfang beeinträchtigen können. Zum Glück hab ich ein relativ neues GPS mit sehr sensiblem Empfänger (ein Garmin Vista HCx), welches das Signal nicht verloren hat, deswegen waren wir eine der Seilschaften die sich nicht verirrt hat (Das Wetter hat sich aber eindeutig auf die Signalqualität ausgewirkt, die angezeigte Genauigkeit sank von +/- 2m auf ca. +/- 70m(!)). Heil angekommen sind aber alle. Den Rucu Pichincha hab ich dann mit einer Arbeitskollegin nochmals bezwungen, einfach um ein bißchen im Training zu bleiben. So, um euch nicht mit noch mehr Details der Trips zu langweilen, bombardier ich euch nur mit Fotos, die sagen mehr als genug aus.

Illiniza Norte:
Sincholagua:
So, für heute waren das erstmal genug Bilder, den Rest gibts hoffentlich in ein paar Tagen. Zum Abschluss noch ein Video, um dass man leider hier bei keinem Disco-Besuch herumkommt, es ist eins der am meisten gespielten Lieder hier im Moment: Pitbull: I know you want me